1. Kern der geplanten Regelungsänderung
Die BNetzA hat mit Festlegungsentwurf BK8-25-0003-A ein Verfahren eingeleitet, das auf eine Abschaffung der Möglichkeit von Entgelten für singulär genutzte Betriebsmittel für Netzbetreiber (Netzbetreiber der allgemeinen Versorgung und geschlossene Verteilernetze) abzielt. Die Anwendung von § 19 Abs. 3 StromNEV soll für diese Gruppe mit Wirkung zum 1. Januar 2026 beendet werden. Dies soll auch bereits bestehende Vereinbarungen betreffen. Zum Jahresende 2028 soll die StromNEV dann ohnehin außer Kraft treten (!).
Vereinbarungen zwischen sonstigen Netznutzern (Letztverbrauchern und Lieferanten, die einen singulär angeschlossenen Kunden mit Strom versorgen) und Netzbetreibern, die vor dem 1. Januar 2026 wirksam geschlossen wurden, sollen bis zum Außerkrafttreten der StromNEV am 31. Dezember 2028 fortgeführt werden dürfen.
Nach derzeitiger Rechtslage ermöglicht § 19 Abs. 3 StromNEV individuelle Netzentgelte in Fällen, in denen Betriebsmittel ausschließlich durch einen Netznutzer in Anspruch genommen werden. In der Praxis kam diese Regelung insbesondere für die Entgeltbildung bei Netzanschlüssen in Frage, die technisch oder tatsächlich eine ausschließliche Nutzung durch nur einen Netznutzer aufweisen – etwa bei industriellen Großverbrauchern, Infrastrukturanlagen oder eben Einspeisepunkten zu übergelagerten Netzebenen.
2. Begründung der BNetzA
Begründet wird die geplante Änderung im Wesentlichen mit einem zunehmenden Maß an Intransparenz in der Entgeltbildung, einer steigenden Zahl vereinbarter Entgelte ohne Änderungen der technischen Anschlusssituation sowie einer fehlenden Steuerungswirkung im Sinne der ursprünglichen Regelungsintention. Außerdem verhindere die singuläre Netznutzung die Errichtung von durch Dritten betriebenen EE-Anlagen auf betroffenen Betriebsgeländen und den Anschluss weiterer Netznutzer an die singulär genutzten Betriebsmittel.
Stattdessen handele es sich gerade bei entsprechenden Vereinbarungen zwischen Netzbetreibern laut BNetzA häufig „lediglich um eine Art der betriebswirtschaftlichen Optimierung, die für eine Umverteilung der Netzkosten zwischen den jeweils auf der gleichen Netzebene angeschlossenen Verteilnetzbetreibern bzw. den ihnen jeweils unmittelbar und mittelbar angeschlossenen Netznutzern sorgt.“ Im Ergebnis komme es zu einer Verschiebung der zu tragenden Netzkosten, die nicht durch eine Veränderung der energiewirtschaftlichen Gegebenheiten im Sinne der tatsächlichen Beanspruchung des Stromnetzes begründet sei.
Nach Auffassung der Regulierungsbehörde kann die mit § 19 Abs. 3 StromNEV eröffnete Möglichkeit in der gegenwärtigen Form daher nicht mehr in Einklang mit den Prinzipien eines diskriminierungsfreien, verursachungsgerechten und systemdienlichen Entgeltsystems gebracht werden. Die vollständige Einstellung der Anwendbarkeit der Vorschrift auf Netzbetreiber wird als sachlich geboten und verhältnismäßig angesehen.
3. Auswirkungen auf Netzentgeltpraxis und Handlungserfordernisse
Die Umsetzung des Festlegungsentwurfs würde zu einer grundlegenden Umstellung etablierter Entgeltstrukturen führen. Für Netzbetreiber entfällt mit dem Jahreswechsel 2025/26 die Möglichkeit, neue Vereinbarungen über singulär genutzte Betriebsmittel abzuschließen. Auch bestehende Vereinbarungen zwischen Netzbetreibern sind davon betroffen und müssten ab diesem Zeitpunkt beendet werden.
Für viele Netzbetreiber bildet die bisherige Rechtslage einen wesentlichen Hebel zur Optimierung der Netzkostenstruktur, die nicht selten entscheidend Einfluss auf Standort- und Investitionsentscheidungen hat.
Zusätzliche Brisanz dürfte die geplante Änderung mit Blick auf die Entscheidung des EUGH zur Unvereinbarkeit der Kundenanlagenregelung des § 3 Nr. 16 EnWG mit europäischem Recht erhalten. Diese Entscheidung könnte dazu führen, dass Unternehmen, die bislang als Letztverbraucher eingestuft wurden, künftig als Netzbetreiber oder ggfs. Betreiber eines geschlossenen Verteilernetzes anzusehen sind. Daher könnte der Kreis der betroffenen Vereinbarungen am Ende größer sein als durch die BNetzA intendiert.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, bestehende Entgeltregelungen frühzeitig zu analysieren und auf ihre Fortführbarkeit sowie ihre rechtliche Grundlage hin zu überprüfen. Zudem kann im Rahmen des laufenden Konsultationsverfahrens bis zum 8. Juli 2025 Stellung genommen werden. Dies bietet Betroffenen die Möglichkeit, auf branchenspezifische und unternehmensbezogene Besonderheiten aufmerksam zu machen und etwaige Umsetzungsbedarfe oder Übergangserfordernisse geltend zu machen.
Kommen Sie bei Fragen zu diesem Thema gerne auf uns zu.